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Von Morddrohungen und Rückzugserwägungen - Brosius-Gersdorf packt bei Lanz aus

Die von der SPD nominierte Kandidatin für das Verfasungsgericht Frauke Brosius-Gersdorf hält trotz der Kritik vorerst an ihrer Kandidatur fest.
Die von der SPD nominierte Kandidatin für das Verfasungsgericht Frauke Brosius-Gersdorf hält trotz der Kritik vorerst an ihrer Kandidatur fest. Copyright  AP Photo
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Von Diana Resnik
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Die SPD hatte ihre Kandidatur für das Verfassungsgericht vorgeschlagen. Die CDU verhinderte dies. Bei Markus Lanz sprach Frauke Brosius-Gersdorf offen über Morddrohungen. Wird sie ihre Kandidatur zurückziehen?

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Sie ist "eine exzellente Juristin", wie ihre Gegner immer wieder betonen. So beginnt Markus Lanz sein Interview mit der umstrittenen Staatsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf am Dienstagabend. Die von der SPD nominierte Kandidatin für das Verfassungsgericht hält trotz der Kritik vorerst an ihrer Kandidatur fest.

Brosius-Gersdorf sollte am vergangenen Freitag eigentlich zur Verfassungsrichterin gewählt werden. Das verhinderte die Union jedoch. Offizieller Grund: Plagiatsvorwürfe. Als Lanz darüber spricht, erscheinen im Gesicht der sonst sehr gefassten Staatsrechtlerin Beunruhigung und Sorge.

Die Wahl am Freitag scheiterte. Zu viele Fragen standen im Raum. Umstrittene, ethische Fragen zur Haltung von Brosius-Gersdorf. Es ging um Schwangerschaftsabbrüche, Menschenwürde, um ein AfD-Verbot und die Impfpflicht während der Covid-19-Pandemie. Dem stellte sie sich nun in einem öffentlichen Gespräch. "Ist sie die linke Kulturkämpferin" oder gar eine "Linksextremistin", wie sie so viele in den letzten Tagen bezeichnet hatten? – fragt Lanz zu Beginn des Interviews.

Morddrohungen

Die Berichterstattung über ihre Person ist nicht spurlos an ihr vorbeigegangen, das gibt die Rechtsprofessorin zu. "Abgrund an Intoleranz und Menschenverachtung", ist nur eine der Aussagen über ihre Person, die sich Brosius-Gersdorf anhören durfte, von einem Bambergener Erzbischof am vergangenen Wochenende. Das will sie sich nicht länger gefallen lassen. Sie wirkt „tief getroffen“, ja "verletzt", bemerkt Lanz. "Wir haben Drohungen bekommen", erzählt Brosius-Gersdorf. "Poststücke mit verdächtigem Inhalt". Das macht der Rechtsprofessorin Sorgen.

Schwangerschaftsabbrüche

"Kindsmörderin", wurde sie in den letzten Tagen beschimpft. Doch vieles, was über ihre Haltung zum Schwangerschaftsabbruch gesagt worden ist, sei falsch, so Brosius-Gersdorf. "Ich vertrete gemäßigte Positionen als Wissenschaftlerin", betont sie. Es sei nicht akzeptabel, wenn einzelne Thesen herausgepickt würden und wenn Sätze falsch wiedergegeben und aus dem Zusammenhang gerissen würden, so Brosius-Gersdorf. Das sei gerade beim Thema Schwangerschaftsabbruch sehr stark der Fall gewesen, so die Rechtsprofessorin.

"Ich sitze hier nicht als Privatmensch, ich sitze hier als Wissenschaftlerin", betont Brosius-Gersdorf immer wieder. Das, was sie vorgeschlagen hat, gelte für die Frühphase der Schwangerschaft. "Das wünschen sich drei Viertel der Bevölkerung", so Brosius-Gersdorf. "Es ist falsch, dass ich gesagt hätte, ich bin für einen Schwangerschaftsabbruch bis zur Geburt", stellt sie klar.

Es sei falsch, dass sie gesagt haben soll, das Embryo hätte kein Lebensrecht, sagt sie. Sie sei für eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in der Frühphase. Straffrei ist er schon heute, aber rechtswidrig. Das sollte aus verfassungsrechtlichen Gründen aber rechtmäßig sein, findet Brosius-Gersdorf. Es gehe um einen schweren Güterkonflikt zwischen den Rechten des Embryos und den Grundrechten der Frau. Die Rechte des Embryos und der Frau seien nach Brosius-Gersdorf nicht in allen Phasen gleich zu wichten.

Eine Aktivistin?

"Nun habe ich die alte Schwäche, dass ich mich relativ klar ausdrücke", sagt Brosius-Gersdorf. Das sei ihr auch beim Thema AfD-Verbotsverfahren zum Verhängnis geworden. Ein Verbotsverfahren der AfD wäre ein starkes Signal der Demokratie, sagte sie in einer früheren Sendung. Dafür wurde sie stark in die Kritik genommen. Bei Lanz stellte sie nun klar: Mit einem Parteiverbotsverfahren würden nicht die Probleme beseitigt werden, die Menschen dazu veranlassen, sich von der demokratischen Mitte abzuwenden, das wisse sie. Es gehe ihr lediglich um die Debatte. Die Menschen zu dieser Debatte zu ermutigen, sei ihre Pflicht als Rechtswissenschaftlerin.

Impfpflicht-Befürworterin?

Die Angewohnheit, sich "relativ klar" auszudrücken, hat ihr auch beim Thema allgemeine Impfpflicht gegen Covid-19 Kritik eingebracht. "Man kann sogar darüber nachdenken, ob mittlerweile eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Impfpflicht besteht", sagte sie. Das hatte die AfD kritisiert. Doch das entscheidende Wort in diesem Satz sei "nachdenken", betont Brosius-Gersdorf. Das sei ihr Standpunkt als Rechtswissenschaftlerin.

Das Problem, sich in einem nichtjuristischen Umfeld juristisch auszudrücken, ist ihr abermals zum Verhängnis geworden. Ihre eigene Position habe sie dabei offen gelassen, so Brosius-Gersdorf. Dies sollte lediglich zum Nachdenken anregen. Das habe mit Aktivismus nichts zu tun, findet sie. "Man muss als Rechtswissenschaftlerin Fragen aufgreifen, die sehr sensibel sind", findet sie.

Kopftuch-Debatte

So ging es ihr auch bei der Kopftuch-Debatte. Ihr wurde vorgeworfen, sich dafür einzusetzen, dass Lehrer ein Kopftuch tragen dürften. Doch darum ging es ihr gar nicht, sagt sie. Brosius-Gersdorf wollte lediglich auf einen Widerspruch in der Rechtsprechung hinweisen. Sie bemängelte den Widerspruch in der Rechtsprechung, dass Staatsbedienstete wie Lehrerinnen in Berlin grundsätzlich ein Kopftuch tragen dürften, während das für Rechtsreferentinnen nicht gilt.

Plagiatsvorwürfe - was ist dran?

Der Plagiatsvorwurf sei der letzte Versuch gewesen, sie zu verhindern, glaubt Brosius-Gersdorf. Davon habe sie erst am Tag der Wahl aus dem Tagesspiegel erfahren. "Jetzt das auch noch", hatte sie in dem Moment gedacht. Das habe sie aus der Bahn geworfen, gibt sie zu.

Sie habe tausende von Zuschriften per E-Mail und per Post erhalten – aus der Bevölkerung – die sie aufgefordert hätte, sich nicht zurückzustecken, erzählt sie. Sie könne sich dieser Kampagne nicht beugen, weil das die Legitimation der nächsten Verfassungsrichterwahl gefährden könnte. Sobald eine Gefahr bestünde, dass das Verfassungsgericht beschädigt werden könnte, würde sie an ihrer Nominierung nicht festhalten. "Das ist ein Schaden, den kann ich gar nicht verantworten", sagt sie.

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